Donnerstag, 10. Januar 2013

Blutbuche am Wittekind-Denkmal



Ort: Wilhelmsplatz (mit Wittekind-Denkmal)
Baumart: Blutbuche (Zuchtform der Rotbuche, Fagus sylvatica)
Zeit: Juli 2012
Fotos: Meiko Haselhorst (NW)




Setzling statt Riesling

IN HERFORD VERWURZELT (2): Die großen Blutbuchen rings um den Wall


VON MEIKO HASELHORST

Herford. Uwe Höcker ist ein Geschichtenerzähler. Sein Fachgebiet sind Baumgeschichten. Häufig gibt er das weiter, was ihm von anderen Menschen zugetragen wurde. So wie die Geschichte um die Geburtsstunde der zahlreichen Blutbuchen rund um den Herforder Wall.

„Das ist schon ziemlich auffällig“, sagt der Rentner. „Am Wall stehen viel mehr Blutbuchen, als im restlichen Stadtgebiet. Und alle sind sie so um die 100 Jahre alt.“
Als sich der ehemalige Mitarbeiter des städtischen Garten- und Friedhofsamtes mit dem früheren Herringhauser Arzt Dr. Kilmer über das Phänomen unterhielt, konnte der ihm Folgendes dazu sagen. „Um 1900 herum hat es einen Herforder Arzt oder Apotheker gegeben, der auf Freundesbesuch immer einen Blutbuchen-Setzling verschenkt hat – anstelle eines Fläschchens Wein“, erzählt Höcker.

Der Wall, also die mittelalterliche Herforder Stadtgrenze, war schon vor über hundert Jahren ein vornehmes Wohngebiet. Ein Arzt oder Apotheker wird dort viele Freunde gehabt haben. Die damals Beschenkten pflanzten ihre kleinen Setzlinge in ihre Gärten oder in die unmittelbare Nähe. Mit einem Ergebnis, das sich heute dort in voller Pracht bewundern lässt.

Veredelungsstelle bei einer Blutbuche
„Das war zu jener Zeit noch ein ganz besonderer Baum, den man nicht überall bekam. Der musste damals auch noch extra veredelt werden.“ Höcker weist auf den dicken Stamm eines stattlichen Exemplares, das auf einem Privatgrund in der Nähe des Wilhelmsplatzes hinter einem gusseisernen Tor steht. „Dort im unteren Bereich sieht man noch die Spuren dieser Veredelung.“ Tatsächlich: Eine nicht sehr tiefe Rille zieht sich rings um den Stamm.

„Einige der Bäume sind mittlerweile Naturdenkmäler und werden vom Kreis gepflegt“, sagt Höcker und freut sich über die gute Gesundheit der Baumriesen [darunter die Blutbuche Unter den Linden Ecke Mönchstraße, JJK]. Apropos Gesundheit: Glaubt man dem Volksmund, sollen Buchen im Gewitter-Fall auch der Gesundheit von Menschen zuträglich sein. Während empfohlen wird, Eichen zu weichen soll, heißt es „Buchen sollst du suchen“.

Uwe Höcker weiß, dass das ein Irrglaube ist. Er hat auch eine Erklärung, woher der stammen könnte: Eichen binden in ihren runzeligen Stämmen bei Regen mehr Wasser als die glatten Buchen. Da Wasser den Strom gut leitet, könnte es also tatsächlich sein, dass Eichen den Blitz noch mehr anziehen als Buchen. „Aber wenn es über einem blitzt und donnert, sollte man tunlichst vermeiden, unter einem großen Baum zu stehen – egal ob Eiche oder Buche“, so Uwe Höcker weiter.

Buchen zu suchen, ist also keine gute Idee. Es sei denn, jemand möchte sich einfach nur an der Schönheit der Blutbuchen am Wall sattsehen.

© 2012 Neue Westfälische
09 - Herford, Dienstag 17. Juli 2012







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