Dienstag, 13. November 2012

Pappeln an der Werrebrücke


Ort: Hansastraße, Werrebrücke
Baumart: Pappeln
Zeit: Oktober 2010, Mai 2012
Fotos: Jens J. Korff





Unterhalb dieser Pappelgruppe ist ein beliebter Startplatz für Kanutouren auf der Werre.

Ist die Pappel böse? Dieser Eindruck könnte entstehen, denn wenn von ihr die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit brüchigen Ästen oder lästigem Samenflug – und der damit verbundenen Forderung, den Baum zu fällen. Dabei hat die Pappel einst die hiesige Landschaft gerettet und war auch als Holzlieferant durchaus begehrt.

„Nach dem Krieg war hierzulande doch fast alles für Brennholz draufgegangen“, erklärt Baum-Experte Uwe Höcker, langjähriger Mitarbeiter des städtischen Garten- und Friedhofsamtes. Die Behörden pflanzten daraufhin an allen erdenklichen Orten Pappeln, weil diese sehr schnell nachwuchsen. Sie schmeichelten nicht nur dem Auge, sondern lieferten den Rohstoff für Papier, Holzschuhe, Kisten und Zündhölzer.

Nach nunmehr 60 Jahren, erklärt Höcker, hätten die letzten noch stehenden Exemplare dieser Pflanz-Aktionen ein Alter erreicht, in dem das von Natur aus weiche Holz der Pappel langsam brüchig werde. „Wenn ein solcher Ast auf einen Menschen fällt, ist die Empörung groß“, sagt Höcker. „Und die fliegenden Samen können schon mal einen zentimeterdicken Teppich auf dem Erdbeerbeet hinterlassen – das sorgt auch nicht gerade für Freude“, erklärt Höcker, warum viele Menschen den Baum als minderwertig betrachten.

Der Rentner mag die Pappel. „Kein anderer Baum rauscht im Wind so schön“, sagt er. Er weiß auch, warum das so ist: „Die Blätter hängen an langen Stielen. Bei Wind klatscht das Laub gegeneinander“, erklärt er und demonstriert das Prinzip an einem abgebrochenen Zweig. Vertausendfacht, so Höcker, ergebe das Klatschen besagtes Rauschen.

Mit seiner Sympathie für die Pappel steht der Herforder Baum-Fachmann nicht ganz alleine da – dass er sich in guter Gesellschaft befindet, kann man allerdings auch nicht behaupten: „Napoleon und Hitler fanden die schlanke Pyramiden- oder Säulenpappel ganz toll und haben riesige Alleen davon anlegen lassen. „Weil sie so schön stramm und kerzengerade dastehen wie Spalier stehende Soldaten – das habe ich wirklich mal so gelesen“, beteuert der 67-Jährige.

Besagte Säulenpappel kam über Persien und Italien nach Deutschland und ist für viele Menschen die Pappel schlechthin. „Sie ist aber nur eine Zierform“, sagt Höcker. „Die Italiener fanden sie wohl schick, weil sie von der Form her so gut zu den Zypressen in der Toskana passte.“ Die „normale“ Pappel ist hierzulande eine Kreuzung aus kanadischer und europäischer Schwarzpappel. Und diese kann im Gegensatz zur Säulenpappel schon mal einen Umfang von 30 Metern haben. In Herford stehen zwei riesige Pappeln an der Grenze zu Bad Salzuflen.

„Insgesamt gibt es etwa 40 verschiedene Pappelarten in Europa, Nordafrika, Nordamerika und Asien“, weiß Uwe Höcker. Am Wilhelmsplatz steht ein Exemplar der chinesischen Großblatt-Pappel, die tatsächlich so große Blätter hat, dass sie kaum jemand für eine Pappel halten wird. Vielleicht bewahrt sie das vor gewissen Fäll-Forderungen.


Nach Meiko Haselhorst: In Herford verwurzelt, Teil 8, NW 23.8.2012

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