Donnerstag, 10. Januar 2013

Eibe am Daniel-Pöppelmann-Haus

Ort: Steintorwall, Daniel-Pöppelmann-Haus
Baumart: Europäische Eibe (Taxus baccata)
Zeit: November 2012
Fotos: Meiko Haselhorst (NW)

Dunkler Baum des Todes

IN HERFORD VERWURZELT (22): An der Eibe ist fast alles giftig - bis auf die Frucht 

VON MEIKO HASELHORST

Herford. Das Gerücht hält sich: Die Früchte der Eibe sind giftig. Uwe Höcker weiß es besser: "Gerade die sind nicht giftig", sagt er, steckt eine der roten Beeren in den Mund und kaut darauf herum. "Schmeckt süß." Den Samen spuckt er lieber aus. "Das ist nämlich sehr wohl giftig", sagt er. Wie bei so vielen Gerüchten ist also ein Körnchen Wahrheit im Spiel. "Nicht nur ein Körnchen", sagt Höcker. "Nadeln, Rinde und alle anderen Pflanzenteile sind ebenfalls stark giftig." 50 bis 100 Gramm Blattmasse, so der ehemalige Mitarbeiter des Garten- und Friedhofsamtes, seien bereits tödlich. Ausprobiert hat ers noch nicht, aber er weiß: "Für Pferde ist die Pflanze wirklich eine Gefahr. Zu Zeiten der Fuhrwerke wurden die Eiben von den Tierbesitzern und Kutschern darum stark bekämpft."

Nein, die sind nicht giftig: die Früchte der Eibe.
Wohl aber die Nadeln!
Schon in der Antike galt die Eibe - auch Taxus genannt - als Baum des Todes und zugleich der Ewigkeit. "Sie thront an der Schwelle zur Unterwelt", - der antike Dichter Ovid hat das bereits so beschrieben. Diese Vorstellung hängt nicht nur mit ihrer Giftigkeit zusammen. "Das Motiv der Dunkelheit lässt sich im Schatten einer großen Eibe gut nachempfinden", sagt Höcker und blickt in die düstere Krone der mehrstämmigen Eibe am Daniel-Pöppelmann-Haus, eines der ältesten und mächtigsten Taxus-Exemplare in Herford. Unter einer großen Eibe, so Höcker weiter, sei meist kein einziger grüner Halm zu finden - ein weiterer Bezug zum Tod. Tatsächlich: Unter dem Baum am Daniel-Pöppelmann-Haus befindet sich nichts als blanke Erde. Das, so Höcker, hänge allerdings weniger mit dem Gift als vielmehr mit den weit verzweigten und feinen Wurzeln zusammen, die bis knapp unter die Erdoberfläche reichen.

Schon früh entdeckten die Menschen auch die Vorzüge, die aus der Giftigkeit des Taxus erwuchsen: So behandelten Germanen, Kelten und andere Völker ihre Pfeile zur Jagd mit Eibensud. Eiben-Essenz half Frauen bei der Geburt. Aber wehe, die Dosis war zu hoch...

Das zäh-elastische Holz wurde zur Herstellung von Armbrüsten und Bögen verwandt und hatte große spirituelle Bedeutung. "Der Zauberstab der Druiden war ebenfalls aus Eibenholz", sagt Höcker. Mit dem Vordringen der Römer wichen Eibenbestände, -heiligtümer und keltische Riten gleichermaßen. Das Holz ist beim Möbelbau und im Kunsthandwerk bis heute beliebt - auch wenn die Eibe wirtschaftlich keine große Rolle spielt. Gärtner mögen den Taxus wegen der verschiedenen Wuchsformen von flach bis säulenförmig, von hängend bis "kompaktbuschig". In der Stadt stehen einige Pflanzen und Hecken, an denen die städtischen Gärtner offenkundig ihr Talent als Künstler ausprobierten.; Auch das Gift macht man sich noch heute zunutze. "Äste und Zweige werden mitunter gesammelt und von der Pharma-Industrie für die Krebsbekämpfung verwendet", weiß Höcker. Ferner sollen Eiben-Präparate abführend, herzstärkend, menstruationsfördernd und wurmtreibend sein. So gänzlich unsympathisch ist dieser dunkle Baum des Todes also nicht. | 

Neue Westfälische 30. November 2012 

Uwe Höcker vor der weit ausladenden Eibe


Eiben werden gerne in Form geschnitten.



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