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Nordmanntanne am Bergertorwall |
Ort: Bergertorwall
Baumart: Nordmanntanne (Abies nordmanniana)
Zeit: Dezember 2012
Foto: Meiko Haselhorst (NW)
Die Tanne wurde am 2. Dezember 2017 gefällt. Sie war rund 55 Jahre alt und vielleicht der höchste Baum in der Herforder Innenstadt.
Wenn die Tanne eine Fichte ist
IN HERFORD VERWURZELT (25)
Die Neue Westfälische vergleicht in der letzten Folge; der Baumserie die beiden
beliebtesten Weihnachtsbäume der Deutschen
Neue Westfälische, 21. Dezember 2012
VON MEIKO HASELHORST
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Tannenblüten und -zapfen stehen nach oben ab. |
Herford. "Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein
blitzen." Ob der alte Knecht Ruprecht sich mit Nadelbäumen auskennt, ist
nicht überliefert. Aber es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es sich
bei den Tannenspitzen um Fichtenspitzen handelt. Mit der kleinen Verwechslung
ist er in guter Gesellschaft: Die hierzulande verbreitete Rotfichte wird nur allzu
gerne als "Tanne" bezeichnet.
In Deutschland, so erklärt Baumexperte
Uwe Höcker, gebe es eigentlich nur eine heimische Tanne: die Weißtanne. Sie ist
aber nur in den Gebirgs- und Mittelgebirgswäldern anzutreffen. "Die
Weißtanne braucht hohe Luftfeuchtigkeit und extrem saubere Luft", sagt
Höcker. Da besagte Umweltbedingungen in Herford nicht anzutreffen sind, kennt
Höcker nicht ein einziges Herforder Exemplar dieser Art.
Echte Tannen, so der
ehemalige Mitarbeiter des städtischen Garten- und Friedhofsamtes, gebe es in
der Stadt gleichwohl - die weitaus meisten allerdings nur im Dezember und ohne
Wurzeln: die Kaukasus- oder Nordmanntanne, jener Baum, der seit den frühen 90er
Jahren immer häufiger als familienfreundlicher Weihnachtsbaum angeboten wird.
Zunächst nur als Christbaum für "Leute mit Geld" auf dem Markt, hat
sie nach und nach die Fichte als Baum Nr. 1 abgelöst. Der Marktanteil der
Nordmanntanne liegt mittlerweile bei 75 bis 80 Prozent. Ein Grund könnten -
abgesehen vom Wuchs - die etwas weicheren und somit kinderfreundlicheren Nadeln
sein.
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Fichtenzapfen hängen nach unten. |
Ob Tanne oder Fichte - als Wohnungsschmuck eignen sich ausschließlich
Jungbäume. Die riesige Nordmanntanne am Wall hat in dieser Hinsicht wohl nichts
mehr zu befürchten. Geradezu majestätisch ragt sie in der Nähe des Bergertors
in den Himmel. Höcker erkennt bereits am Wuchs, dass es sich um eine Tanne und
nicht um eine Fichte handelt. "Die Äste wachsen bis zum Boden hinunter aus
dem Stamm und breiten sich gerader aus, anders bei der Fichte - da sind sie im
Alter leicht hängend", erklärt er.; Dann nimmt er den Stamm unter die
Lupe. "Die Rinde ist glatter als bei der Fichte und an einigen Stellen
bilden sich Harzpocken." Für den Laien nicht so leicht zu erkennen. Doch
Höcker kennt ein todsicheres Unterscheidungsmerkmal: die Zapfen. "Bei
einer Fichte hängen sie meist im oberen Bereich des Baumes - und zwar immer mit
der Spitze nach unten." Bei allen Tannen zeigen die Zapfen nach oben.
Außerdem, so Höcker weiter, verlören Tannenzapfen noch am Baum ihre Schuppen
und Samen, sodass im Winter die leeren Spindeln wie Stacheln vom Ast in die
Luft ragen. Bei Fichten fallen sie in Gänze vom Baum und werden dort gerne vom
Menschen aufgesammelt und - fälschlicherweise als "Tannenzapfen"
bezeichnet - zu einem Dasein an Adventskranz oder Weihnachtsbaum verdonnert.
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Rotfichte (Gewöhnliche Fichte) an der Hermannstraße |
Unter der großen Rotfichte an der Hermannstraße liegen tatsächlich jede Menge
großer Zapfen auf dem Boden, gut und gerne 12 Zentimeter lang. Auch die anderen
von Höcker genannten Erkennungsmerkmale lassen sich mühelos überprüfen.
"Die Rotfichte wird bis zu 50 Meter hoch und 600 Jahre alt", sagt
Höcker. Der Baum an der Hermannstraße hat allenfalls 30 Meter Höhe, sieht aber
schon recht imposant aus. "Die serbische Fichte, die hierzulande häufig in
Gärten steht, ist übrigens schmaler im Wuchs und hat kleinere Zapfen - aber wir
wollen die Leser mal nicht durcheinander bringen", sagt Uwe Höcker und
lacht. Offenbar hat er im Rahmen der Baumserie nicht nur viel Wissen
vermittelt, sondern auch selbst etwas gelernt.
In den vergangenen Jahren
wurden zu Weihnachten in Deutschland 23 bis 25 Millionen Weihnachtsbäume
verkauft. Drei Viertel davon stammen aus heimischer Produktion.
Zu meinem Entsetzen wurde die Tanne am Bergertorwall gestern gefällt. Wir trauern am 1. Advent.
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